Qigong bei Migräne – Hilfe bei akuten Schmerzen

Viele kennen Qigong. Mit langsamen, fließenden Bewegungen wird das Qi, also die „Energie des Körpers“ ins Fließen gebracht. Durch gezielte Übungen lassen sich Blockaden auflösen und Schmerzen im Migräne-Anfall linden. Wir stellen 3 Übungen vor.

Auch zur langfristigen Bewältigung von Migräne kann Qigong helfen, beispielsweise weil es die Stressresistenz stärkt. In der Chinesischen Medizin gehört das Qigong neben Akupunktur, chinesischer Arzneitherapie, Körpertherapien sowie Diätik zu den fünf Stützpfeilern der Medizinlehre. Die einzelnen, kurzen Übungen des Qigong sind eine Mischung aus Gymnastik, Meditation und Pantomime. Die Bewegungen sind so langsam, dass sich die Muskeln lösen und das Qi überall hinkommt. Doch Entspannung alleine genügt nicht, sondern eine moderate Muskelspannung ist ebenso wichtig.

Die größte Schwierigkeit haben europäische Patienten damit, die willentliche Kontrolle über die Bewegungen auszuschalten, sie soll eigentlich von selbst ablaufen. Bildliche Namen für die Übungen wie „Der Kranich, der die Flügel ausbreitet“ oder „Bogenschießen“ sollen dabei helfen. Wer sich in die Bilder hineinversetzt, lenkt seine Aufmerksamkeit nach außen und verbindet sich mit dem Raum. Dann erzielt das Qigong auch eine gute Wirkung: Unser Organismus wird von zwei Systemen gesteuert: dem animalischen System, das Muskulatur und Sinnesorgane umfasst, sowie dem vegetativen, den unbewusst ablaufenden Körperprozessen. Richtig ausgeübtes Qigong harmonisiert beide. Patienten merken den Erfolg, wenn der Speichelfluss angeregt wird und der Bauch anfängt zu arbeiten. Zudem wird der Mensch durch Qigong gelassener, wehrhafter und kann besser mit Stress umgehen.

Auch bei akuten Schmerzen, bei Migräne oder Krämpfen helfen die meditativen Übungen. Wenn das Fließen des Qi stockt und Patienten eingeübte Qigong-Übungen machen, beginnt es wieder zu fließen. Die Atmung vertieft sich, die Motorik von Magen und Darm reguliert sich und das Kreislaufsystem kommt wieder ins Lot. Auch der Blutdruck normalisiert sich, die Wärme verteilt sich besser im Körper und Kältegefühle lassen nach. Idealerweise machen Patienten Qigong jeden Morgen. Wer die Übungen unter Anleitung gelernt hat, kann sie eigenständig zu Hause üben. Chronisch Kranke profitieren am meisten von Qigong, wenn es in ein Gesamtkonzept mit chinesischen Arzneien, Akupunktur, Körpertherapien und Ernährungslehre eingebettet sind.


Interview mit unserem Chefarzt

Zu den auch bei uns verbreiteten Methoden aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zählt Qigong. Im Interview erklärt Dr. Christian Schmincke, Chefarzt wie die Methode funktioniert, worauf es bei den meditativen Bewegungen ankommt und warum es bei Kopfschmerzen hilft.

Dr. Schmincke, was ist Qigong?

Dr. Schmincke: Es handelt sich dabei um eine Therapieform aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. Dabei arbeitet man mit langsamen, fließenden Bewegungen am Qi. Das Qi kann man als „Energie des Körpers“ übersetzen. Inbegriff einer guten Vitalität in der chinesischen Medizin ist, dass Qi und Xue, als „Kräfte“ und „Säfte“ übersetzt, gleichmäßig durch den Körper fließen und sich nicht stauen. Mit Qigong kann man einen Stau lösen und das Qi wieder in Bewegung bringen.

Wie sehen die Übungen aus?

Dr. Schmincke: Sie liegen – wie auch die Bewegungen des Tai-Chi – zwischen Gymnastik, Meditation und Pantomime. Während es sich bei Tai-Chi um festgelegte Abfolgen von Bewegungen (Sequenzen) handelt, die 20 Minuten und länger dauern können, arbeitet Qigong mit einzelnen, kurzen Übungen.

Klingt einfach.

Dr. Schmincke: Ist es aber nicht. Was schwierig für viele Menschen ist: Man muss dabei die willentliche Kontrolle über die Bewegungen ausschalten, sie sollen von selbst ablaufen. Deswegen haben sie bildliche Namen, etwa „Der Kranich, der die Flügel ausbreitet“ oder „Bogenschießen“. Es ist hilfreich, sich in die Bilder hineinzuversetzen. Dies lenkt die Aufmerksamkeit nach außen, weg von sich selbst, damit man während des Übens nicht nur um sich selbst kreist. Das ist der größte Fehler, den viele machen.

Und dabei entspannt man sich?

Dr. Schmincke: Die Bewegungen sind so langsam, dass sich die Muskeln lösen und das Qi überall hinkommt. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Entspannung alleine genügt nicht, sondern die Spannung muss insgesamt stimmen: Die Muskeln sollen einen schönen mittleren Tonus entwickeln. Der Mensch muss reagieren können, ohne sich zu verkrampfen.

Was passiert noch im Körper?

Dr. Schmincke: Unser Organismus wird von zwei Systemen gesteuert: dem animalischen System, das Muskulatur und Sinnesorgane umfasst, sowie dem vegetativen, den unbewusst ablaufenden Körperprozessen. Qigong harmonisiert beide. Ein deutliches Zeichen dafür ist, dass die Übungen immer den Speichelfluss anregen und der Magen anfängt zu arbeiten. 

Welche Wirkung hat Qigong bei Migräne?

Dr. Schmincke: Wenn Sie die Übungen regelmäßig machen, trainieren Sie Reaktionsweisen, die Sie davor bewahren, sich zu verkrampfen und nicht richtig zu atmen. Der Mensch wird durch Qigong gelassener, wehrhafter, er kann besser mit Stress umgehen. Das verhindert, dass Migräne sich aufbaut. 

Helfen die Übungen auch im akuten Anfall?

Dr. Schmincke: Ja, das habe ich selbst erfahren, denn ich litt jahrelang unter Migräne. Im Anfall ist vielen übel, oft auch eiskalt, sie wollen von der Welt nichts mehr wissen. Das Fließen des Qi stockt. Sich in diesem Zustand aufzuraffen und Qigong-Übungen zu machen, ist sehr heilsam. Dazu ist es hilfreich, dass die Bewegungen gut geübt sind. Dann kann der Körper die eingelernten Muster abrufen, er erinnert sich daran. Das Qi beginnt manchmal schon beim Gedanken an die Übungen zu fließen, die Atmung vertieft sich. Die Motorik von Magen und Darm reguliert sich, die Übelkeit wird besser. Das Kreislaufsystem kommt wieder ins Lot. Der Blutdruck, der während der Attacke bei manchen steigt, bei anderen zu niedrig ist, normalisiert sich. Die Wärme verteilt sich besser im Körper, das Kältegefühl lässt nach.

Wie oft sollte man Qigong machen?

Dr. Schmincke: Ideal ist es, wenn Sie jeden Morgen üben. Hier in der Klinik machen wir jeden Morgen eine halbe Stunde lang die „Acht Brokate“, die bekanntesten Übungen. Viele nehmen das Wissen mit nach Hause und üben dort weiter. Die Bewegungen sind gut zu Hause machbar. Nur Menschen, die Haltungsfehler oder Rückenprobleme haben, sollten mit einem guten Lehrer arbeiten.


3 Qigong-Übungen bei Kopfschmerzen und Migräne

Ziel aller Qigong Übungen ist, zu beruhigen, zu ordnen und die Energie Qi zu beleben, sozusagen ins Fließen zu bringen. Wer Qigong zu Hause praktiziert, sollte auf folgende vier Punkte achten:

  • Aufrechte Haltung, mindestens ein Fuß hat immer Bodenkontakt
  • Bewegungen sind langsam und fließend
  • Atem ruhig kommen lassen und ansonsten nicht bewusst steuern
  • Durchgängig die Vorstellungskraft betätigen: Das Qi folgt der Aufmerksamkeit!

Bärenübung

Die Bärenübung bewirkt ein gutes Angebundensein an den Grund, eine Verbesserung der Aufrichtung und eine gute Wahrnehmung der Umgebung. Die Übung steht in einem Zusammenhang mit dem Tier QiGong, dessen Zyklus vier Tierformen umfasst: Bär, Tiger, Schlange, Adler. Jedes Tier hat dabei besondere Fähigkeiten hinsichtlich der körperlichen, emotionalen und der sozialen Kompetenz.

  1. Ausgangsposition: Paralleler schulterbreiter Stand, die Hände bilden vor dem Unterbauch lockere Hohlfäuste und umschließen den Handtellermittelpunkt. Die Knie sind leicht gebeugt und lenken das Gewicht in den Boden. Nach unten stabil stehen, nach oben hin flexibel und locker bleiben.
  2. Die Arme leicht gebeugt und langsam in einem weiten Bogen heben, so als würden sie an den Handgelenken gezogen. Dabei die Fäuste öffnen. Der Bär fährt seine Krallen aus.
  3. Die gebeugten Arme in Schulterhöhe anhalten, die Krallen bereit zum Schlag.
  4. Leichte Drehung des Rumpfes nach links, kurz anhalten, dann nach rechts, kurz anhalten, dann zurück zur Mittellage. Der Bär nimmt seine Umgebung wahr und zeigt sich in Aufrichtung.
  5. Die Arme wieder in die Ausgangslage sinken lassen und die Hände wieder zu Hohlfäusten schließen.
  6. Die Übung drei Mal wiederholen.

Qigong Übung „Der Kranich öffnet seine Schwingen“

In dieser Übung wird das Qi im ganzen Körper verteilt und nach oben geführt. Die steigende Bewegung wird durch ein Sinken eingeleitet. In der oberen Ruhehaltung wird das Qi des Himmels über die Hände aufgenommen. Mit der rückführenden Bewegung der Hände kann das Qi wieder nach unten fließen. Es entsteht ein fließender Austausch zwischen oben und unten.

  1. Parallelstand, die Hände sind überkreuzt vor dem Unterbauch.
  2. Das Gewicht auf den rechten Fuß verlagern, den linken Fuß vorne absetzen.
  3. Dann das Gewicht auf den vorderen Fuß verlagern, der hintere Fuß bleibt auf dem Fußballen, ohne Gewicht, die Ferse ist dabei angehoben.
  4. Die Kleinfingerseiten der Hände leiten die Bewegung nach unten und zur Seite ein.
  5. Dann werden die Arme in einem weiten Bogen über den Kopf geführt. Dabei bilden Zeigefinger und Daumen ein Dreieck zueinander. Die Handflächen zeigen nach vorne und werden in dieser Position gehalten. Das Gewicht wieder auf den hinteren Fuß verlagern und den vorderen Fuß heranholen.
  6. Danach die Arme über die Seiten wieder in die Ausgangsposition zurückführen. Seitenwechsel.

Die Lotusblüte öffnet sich ins Licht

Diese Übung fordert den Gleichgewichtssinn heraus, die Verbindung von Unten und Oben. Durch die Drehung werden beide Aspekte noch einmal verstärkt. Der Hüftbeuger wird gedehnt, die Rumpfwand muss sich beteiligen. Beide muskulären Aktionen wirken auf die Aufrichtung und Stabilität von Beinen/Rumpf und Nacken/Schultern.

  1. Ausgangsstellung: hüftbreit stehen im Parallelstand.
  2. Mit einem großen Schritt nach hinten ein Bein auf den Ballen und die Zehen stellen,
  3. langsam den Fuß sinken lassen bis die Ferse auch am Boden aufsetzt. Das Gewicht auf das vordere Bein verlagern.
  4. Die Arme seitlich ausgebreitet anheben bis sich
  5. die Oberarme auf gleicher Höhe wie die Schultern befinden und mit den Unterarmen zusammen einen Kelch bilden. In der Vorstellung bilden Kopf und Arme die Blüte einer Lotusblume.
  6. Jetzt dreht der Oberkörper zum vorderen Bein, darauf
  7. dreht der Kopf in dieselbe Richtung weiter zur geöffneten Hand.
  8. Dann die Bewegung in umgekehrter Reihenfolge zurück machen, erst den Kopf zurückdrehen, dann den Oberkörper, die Arme sinken lassen und den Fuß auf den Ballen und die Zehen stellen, sich abstoßen und das hintere Bein wieder parallel neben das vordere setzen. Mit dem anderen Bein wiederholen. (1. – 7.)

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