Wenig Fleisch und mindestens ein Apfel am Tag – viele Deutsche verbinden das mit gesunder Ernährungsweise. Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin bedeutet gesunde Ernährung aber viel mehr als die Konzentration auf eine obst- und gemüsereiche Kost.
Welche Bedeutung für Wohlbefinden und Gesundheit ihr die Chinesische Medizin beimisst, zeigt, dass Ernährungslehre neben Akupunktur, chinesischer Arzneitherapie, Tunia-Massagen sowie Qi Gong eine der fünf Säulen Chinesischer Medizin darstellt. Als ein Grundsatz gilt das Verwenden regionaler Nahrungsmittel, im Idealfall aus biologischem Anbau. Gesunde Ernährung heißt auch immer, Nahrungsmittel entsprechend der Jahreszeiten und persönlicher gesundheitlicher Verfassung auszuwählen. Darüber hinaus gilt, auf frische Zubereitung zu achten und Mahlzeiten vollständig zu garen, ohne sie dabei zu zerkochen. Aus Sicht der Chinesischen Medizin nimmt man von Rohkost, wie Salaten und rohem Obst, besser Abstand, da dies den Organismus oft zu sehr kühlt und überfordert. Das Gleiche gilt für Vollkornprodukte. In welcher Tiefe eine Speise ihre Wirkung entfaltet, hängt von der jeweiligen Geschmacksrichtung bitter, salzig, sauer, scharf oder süß ab. Das Ziel einer gesunden Nahrungsaufnahme sehen Experten für Chinesische Medizin darin, den Körper in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen. In der Diätetik kommt es also auf die Wirkung von Lebensmitteln auf die Energien im menschlichen Körper an.
Ernährung wirkt auf die Gesundheit
Für jeden Einzelnen findet die Chinesische Medizin gesunde Ernährungsweisen, die der körperlichen Verfassung entsprechen und helfen, energetische Entgleisungen zu korrigieren. Da alle Lebensmittel unterschiedlich auf den Organismus wirken, kann jeder durch gezielte Aufnahme wieder eine Harmonisierung des Qi, seiner Lebensenergie, erreichen. Kommt es durch Krankheit zu einem Ungleichgewicht, gelten daher Lebensmittel als milde Therapeutika. Häufig begründen Nahrungsmittel auch Krankheitsbilder. So weisen Experten für Chinesische Medizin auf mögliche Schleimbildung beim Verzehr von tierischem Eiweiß hin und raten je nach Indikation auch vom Käse- oder Milch-Genuss ab. Betroffene von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa berichten von Erfolgen bei der Behandlung ihrer Krankheit durch gemüsebetonte Kost. Auch Patienten mit Neurodermitis sollten auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten. Das ermöglicht, die „trübe Hitze“ im Blut, also die Ansammlung von Entzündungsprodukten, einzudämmen. Viele Neurodermitis-Betroffene erfahren eine Linderung ihrer Beschwerden, indem sie Alkohol, Käse sowie Zucker meiden.
Grundsätze der Ernährung nach Chinesischer Medizin
Natürlich gibt es neben der individuellen Anpassung der Ernährung an den gesundheitlichen Zustand des Patienten auch einige allgemeine Regeln und Grundsätze der Ernährung nach Chinesischer Medizin:
Balance von Yin und Yang
Die TCM strebt nach einem Gleichgewicht von Yin und Yang, den zwei komplementären Energien. Nahrungsmittel werden nach ihrem Einfluss auf diese Energien klassifiziert: Yin-Nahrungsmittel wirken kühlend und befeuchtend, während Yang-Nahrungsmittel wärmend und trocknend sind. Eine ausgewogene Ernährung beinhaltet eine harmonische Mischung aus beiden, angepasst an individuelle Bedürfnisse und Umweltbedingungen.
Die Fünf-Elemente-Lehre
Nach der Fünf-Elemente-Lehre der TCM werden Lebensmittel den Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser zugeordnet. Jedes Element korrespondiert mit bestimmten Organen und Geschmacksrichtungen:
- Holz: saure Lebensmittel (z.B. Zitronen, Essig) unterstützen die Leber und Gallenblase.
- Feuer: bittere Lebensmittel (z.B. Bittermelone, Rucola) stärken Herz und Dünndarm.
- Erde: süße Lebensmittel (z.B. Getreide, Kartoffeln) fördern Milz und Magen.
- Metall: scharfe Lebensmittel (z.B. Ingwer, Rettich) unterstützen Lunge und Dickdarm.
- Wasser: salzige Lebensmittel (z.B. Algen, Sojasauce) nähren Nieren und Blase.
- Eine Ernährung, die alle fünf Geschmacksrichtungen in angemessenen Mengen einbezieht, wird als förderlich für die Gesundheit angesehen.
Saisonale und regionale Ernährung
In der Chinesischen Medizin wird großen Wert auf den Verzehr von saisonalen und regionalen Lebensmitteln gelegt. Diese Nahrungsmittel sind an die klimatischen Bedingungen und Bedürfnisse des Körpers in den verschiedenen Jahreszeiten angepasst.
Frische und Qualität der Lebensmittel
Frische und Qualität der Lebensmittel sind in der Chinesischen Medizin von zentraler Bedeutung. Nahrungsmittel haben mehr Lebensenergie (Qi), die dem Körper zugutekommt. Verarbeitete und konservierte Lebensmittel werden vermieden, da sie als energielos und gesundheitsschädlich gelten.
Individuelle Anpassung
Die Chinesische Medizin berücksichtigt individuelle Unterschiede und passt Ernährungsempfehlungen an persönliche Konstitutionen, Gesundheitszustände und Lebensumstände an. Zum Beispiel benötigen Menschen mit einer Yang-Schwäche wärmende Speisen, während Personen mit einem Yin-Mangel kühlende Nahrungsmittel zu sich nehmen sollten.
Regelmäßigkeit und Achtsamkeit
Regelmäßige Mahlzeiten und achtsames Essen sind wichtige Aspekte der Ernährung. Langsames, bewusstes Essen fördert die Verdauung und sorgt dafür, dass der Körper die Nährstoffe besser aufnehmen kann.
Vermeidung von Extremen
Die Chinesische Medizin rät von extremen Diäten und einseitiger Ernährung ab. Eine ausgewogene, vielfältige Kost wird als optimal betrachtet, um alle notwendigen Nährstoffe zu erhalten und das Gleichgewicht von Yin und Yang aufrechtzuerhalten.
Menschen in ihrer Gesamtheit sehen
Die Chinesische Medizin blickt auf eine dreitausendjährige Geschichte zurück. Um sie als wertvolle Ergänzung zur westlichen Medizin zu nutzen, bedarf es immer einer Adaption an europäische Patienten. Mit ihrem tiefgreifenden Ansatz, Menschen in ihrer Gesamtheit zu sehen, eröffnen sich dann auch hierzulande neue, vielversprechende Therapiewege. Insbesondere wenn schulmedizinische Maßnahmen nicht mehr greifen, suchen Patienten mit chronischen Schmerzen, chronisch entzündlichen oder neurologischen Erkrankungen Hilfe in der Chinesischen Medizin. Den Erfolg dieses Konzepts zeigt eine Dokumentationsstudie der Klinik am Steigerwald: Mehr als jeder zweite Patient profitiert deutlich vom stationären Klinikaufenthalt und umfassender Behandlung mit Chinesischer Medizin, gesunde Ernährung eingeschlossen.